Im Feuilleton der Zeit schreibt Thomas Groß unter der Überschrift "Per Anhalter durchs Pluriversum". Seine sieben Thesen zur digitalen Zukunft versuchen - wie viele es tun - ein wenig Licht und "Ordnung" in die Debatte um "Web 2.0" zu bringen. Indem er - beide Seiten beleuchtend - selbst nicht recht Stellung bezieht und den Leser sich selbst, seinem wandelnden Nutzerverhalten und einer nicht fassbaren Einschätzung der Entwicklung überlässt, wird der Artikel lesenswert. Neben dem Begriff "Pluriversum - was ja schon wieder eine schöne Wortschöpfung ist - hier noch zwei Zitate:
"Das Internet hat sich vom bloßen Verbreitungsmedium zum Marktplatz gewandelt, auf dem selbst produzierte Inhalte die Regel sind. Oft spiegeln sie bloß die Bedürfnislage der privaten Anbieter – Leute kennen lernen, sich mitteilen, reich und berühmt werden –, doch gerade die Buntheit des Angebots zieht Visionäre an."
"Banal, aber kein Allgemeinwissen: Medien sind Ausweitungen des menschlichen Körpers und als solche nicht per se gut oder schlecht. Erst in der Nutzung und deren Rahmenbedingungen entfalten sie ihr Potenzial."
Seine sieben Thesen lauten: "Das Internet ist ein Möglichkeitsraum • Die Popkultur spielt Geburtshelfer • Jeder wird Programmdirektor • Öffentlichkeit individualisiert sich • Jeder ist seine eigene Nische • Der Nutzer von heute ist ein launisches Wesen • Alles bleibt anders"
Was ich - anders als er - beruhigend finde: Ordnung löst sich auf, Kontrolle ist nicht möglich, Entwicklung ist nicht prognostizierbar (es lebe die Evolution), Informations- und Meinungsmonopole verlieren ihre Macht, jeder muss dauernd selbst entscheiden, wer sich nicht einmischt, hat nichts zu sagen und die "Schubladifizierung" von Lesern, Nutzern und Usern löst sich in einer unbändigen Freiheit von Mögichkeiten auf.
Wie war das damals? Was haben wir uns damals auf den Demos gewünscht und in der vermeintlichen Ordnung unserer Eltern, wie ein aufbrechendes Ereignis gewünscht? "Ich liebe das kreative Chaos" und "Anarchie ist machbar, Herr Nachbar". Nun, jetzt haben wir den Salat - wie schön!
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